Vom gelungenen Anschieben des Denkens

Ich ziehe Bilanz zur Fachdidaktik I und bin enthusiasmiert. Dozent Philippe Wampfler war super, und warum ist er eigentlich nicht schon Professor? Einzig seine Ansichten zur sprachlichen Geschlechtergerechtigkeit teile ich nach wie vor nicht.

Die Fachdidaktik I hat mir sehr gefallen, und ich bin immer gerne gekommen (was man von anderen Veranstaltungen an der Uni nicht immer behaupten kann). Das lag einerseits sicher an den Kommilitoninnen und Kommilitonen, andererseits auch an Dozent Philippe Wampfler.

Er macht, was er sagt. Er versuchte mit uns gemeinsam, Wissen zu konstruieren und Kompetenzen zu erwerben. Er hat fachliche und praktische Inputs gegeben, Themen und Situationen angeregt, Fragen gestellt, zugehört, weitergedacht, wieder Fragen gestellt und wieder zugehört. Er war dabei neugierig, aufmerksam, humorvoll, geduldig, höflich, wohlwollend, aber genau in der Argumentation und wissenschaftlich auf der Höhe. Er hat die Leute dort abgeholt, wo sie waren, und den Ball flach gehalten. Auch er lernt offensichtlich immer dazu und ist auf die Ideen und das Denken anderer angewiesen.

Sein Umgang mit IT ist schlicht virtuos, alles ist bestens dokumentiert, transparent gemacht und verlinkt. In der schönen, neuen IT-Welt ist ja die Substanz oft nicht da oder verpufft im Effekt. Bei Philippe ist sie da, und IT ist Mittel zum Zweck und nie nur Zweck (als Online-Journalist habe ich das viele Mal anders erlebt). Philippe zeigt, wie man über die abgestandene Power-Point-Routine hinauskommen könnte (an der Uni riecht es diesbezüglich oft etwas komisch).

Philippes Sätze halfen, mein Denken anzuschieben. Sätze von ihm, die ich mir notiert und gemerkt habe:

  • «Es gibt keinen Stoff.»
  • «Das Schulzimmer ist ein Machtraum. Das verpflichtet zur Zurückhaltung.»
  • «Lernen ist immer ziellos.»
  • «Funktionieren tut alles auf die eine oder andere Weise.»
  • «Unsicherheit ist ein Antrieb.»

(Übrigens: Auf Facebook kann man ihn auch leicht anders und etwas offensiver erleben. Dort korrespondiert er mit Didaktikern, Lehrerinnen und Interessierten aus aller Welt. Auch dort facht er ständig Diskussionen an, fragt und denkt nach und muss sich manchmal von trollähnlichen Figuren auch einiges anhören. Aber auch dort verliert er nie die Geduld und argumentiert stets sachlich – was die Trolle teilweise ärgert. Wenn man diese Facebook-Threads nachliest, lernt man einiges.)

Das Lernjournal habe ich als sehr positiv erlebt. Ich lese gerne bei den Kolleginnen und Kollegen, und ich schreibe gerne im Journal. Auch hier konstruieren wir vermutlich diskursiv gemeinsam Wissen und erwerben Kompetenzen. Und man darf Fehler machen und Unsicherheiten zugeben, jeder, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Auch unsere Whatsapp-Gruppe hatte als schnelles Medium ihren Nutzen und war zudem erst noch unterhaltsam.

Die Apotheose der Fachdidaktik I im Fach Deutsch im Frühlingssemester 2017 an der Universität Zürich wäre damit abgeschlossen 🙂 Aber das ist ja eine unrealistische Beurteilung. War einfach alles nur gut? Bis jetzt schon, und ich kritisiere nicht, nur damit einem traditionellen Feedback-Schema Genüge getan ist.

Inhaltlich habe ich allerdings etwas: Philippe Wampfler ist ein Verfechter der geschlechtergerechten Sprachbemühungen, die ich als anstrengend empfinde. Sie sind ein Soziolekt, der zwar im Namen der Aufklärung daherkommt, aber an der Uni zu einer Sprachpolizei degeneriert ist. Unter Journalistinnen (und Journalisten) wird das in der Regel nicht ernst genommen, und Sätze wie «Armenierinnen und Armenier danken Schweizerinnen und Schweizern» sind nicht nur als Titel unmöglich. Und auch wenn das generische Maskulinum offenbar oft nur als männlich verstanden wird, empfinde ich Ausdrücke wie «Student*innen» und «Dozent_Innen» als ideologisch-pädagogische Zwängerei. Und schön und sprachökonomisch sind sie auch nicht. Da gäbe es doch bessere Lösungen.

Stoff für Diskussionen in der Fachdidaktik II und III 🙂

 

 

 

 

 

Ein Gedanke zu “Vom gelungenen Anschieben des Denkens

  1. Deine Bilanz gefällt mir sehr gut und ich habe mir noch überlegt, ob es Sinn macht, eine persönliche Bilanz zu kommentieren. Ich habe mich dafür entschieden, weil ich sagen muss, dass deine Bilanz sehr motivierend ist =) Mir ging es auf jeden Fall so, dass ich beim Lesen deiner Zeilen nochmals gemerkt habe, wie viel wir schon gelernt haben und was ich alles aus dem Modul mitgenommen habe. Ich finde auch die Diskussion zur genderneutralen Sprache wichtig und werde gerne noch einen Blogeintrag dazu schreiben.

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